Als letztes deutsches kommunales Pfandhaus blicken wir stolz auf unsere eigene lange Geschichte zurück. Aber es gibt viele interessante Pfand- und Auktionshäuser im deutschsprachigen Raum und darüber hinaus. Nach dem Dorotheum in Wien, dem Crédit Municipal de Paris und dem Leihhaus Nürnberg, erkunden wir diesmal ein historisches Juwel inmitten der schwäbischen Metropole Stuttgart.
Die Städtische Pfandleihe Stuttgart wurde im Jahr 1872 gegründet und ist eines der ältesten Pfandhäuser Deutschlands. Das älteste wurde schon 1560 in Hamburg gegründet, gefolgt von Augsburg im Jahr 1603, Nürnberg im Jahr 1618 und unserem Mannheimer Leihamt im Jahr 1809. Stuttgart fügt sich nahtlos in diese historische Tradition ein und etablierte sich als wichtige Institution in der schwäbischen Metropole.
Das imposante Gebäude, das sich in Stuttgart-Mitte befindet, wurde als Pfandhaus konzipiert und im Jahr 1872 vom Architekten Hugo Beytenmiller im klassizistischen Stil erbaut. Es verfügt über 2.336 m² und erstreckt sich über 6 Etagen. Durch diese beeindruckenden Rahmendaten zählt das Gebäude zu den bedeutenden Baudenkmälern in der Landeshauptstadt Baden-Württembergs. Es fügt sich bis heute harmonisch in die architektonische Vielfalt der Umgebung ein.
Die Städtische Pfandleihe Stuttgart hat eine lange und bewegte Geschichte, die wie im Falle der anderen vorgestellten Leihhäuser eng mit der Entwicklung der Pfandleihe als karitativer Einrichtung verbunden ist.
Einige Brüche und Einschnitte stechen jedoch hervor: Im Jahr 1922 musste die Städtische Pfandleihe Stuttgart aufgrund der Inflation ihren Betrieb einstellen. Durch eine enge Zusammenarbeit der Städtischen Girokasse – 1926 Mehrheitseigner am Nachfolgebetrieb der Pfandleihe – mit der Stadtverwaltung, konnte im Jahr 1927 jedoch bereits die „Pfandleihanstalt Stuttgart AG gemeinnützige Kreditanstalt“ eröffnet werden. Ein erneuter Bruch folgte in Zeiten des Zweiten Weltkriegs. 1943 wurde die Pfandleihanstalt stillgelegt. Erst drei Jahre nach dem Krieg nahm man den Geschäftsbetrieb wieder auf. Um diesen dauerhaft fortsetzen zu können, wurde im Jahr 1950 die Stuttgarter Pfandleih-Gesellschaft mbH gegründet, wobei die Städtische Girokasse Stuttgart erneut Mehrheitseigentümerin war.
Ein alter Abendschau-Bericht vermittelt einen Eindruck der Phase zur Mitte des letzten Jahrhunderts, als es in der Bundesrepublik Deutschland noch 23 öffentliche Pfandhäuser gab.
2019 wurde die mittlerweile als Tochtergesellschaft der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) agierende „Städtische Pfandleihanstalt Stuttgart AG“ in die Städtische Pfandleihe Stuttgart GmbH umgewandelt.
Trotz solcher Veränderungen im Laufe der Zeit ist die Städtische Pfandleihe Stuttgart stets ihrem ursprünglichen Zweck treu geblieben: Menschen in finanziellen Notlagen zu unterstützen, auf eine diskrete und schnelle Weise. Doch ein Pfandkredit kommt heutzutage für viele Menschen infrage, beispielweise für Unternehmer, die eine finanzielle Überbrückung für eine Investition benötigen und dabei die Bürokratie eines Bankkredits meiden möchten. Oder für Menschen, die eine teure Uhr bringen, um sich eine noch teurere zu kaufen. „Wir haben Kundschaft aus allen sozialen Schichten“, so Jürgen Barth, Geschäftsführer des Stuttgarter Pfandleihhauses, gegenüber dem SWR.
Die Städtische Pfandleihe Stuttgart hat sich ihren guten Ruf als geschätzte Instanz in der persönlichen Finanzwelt der Stuttgarter Bürger und Bürgerinnen wahrlich verdient. Um das Haus in Stuttgart kennenzulernen, lohnt sich der Besuch einer der fünf Mal jährlich stattfindenden Auktionen in der Gerberstr. 3. Die Termine und noch vieles mehr finden Sie auf der Webseite der Städtischen Pfandleihe Stuttgart, www.staedtische-pfandleihe.de.
Autor: Markus Biedermann
Fotos: Städtische Pfandleihe Stuttgart GmbH