Schlagwort: Bankkredit
Meinung: Warum gibt es Bankenkrisen, aber keine Pfandleihkrisen?
14.Februar 2023Die Pfandleihe steht für persönliche Haftung und Transparenz | Foto: Axel Heiter
Ein Beitrag von Jürgen Rackwitz.
Immer wenn Menschen das ihnen anvertraute Geld anderer Leute veruntreuen, ist das der Nährboden für Krisen. Der Schaden muss nur groß genug sein oder hinreichend Angst und Panik verbreiten, dann löst er eine Lawine aus.
Bankenkrisen beginnen immer mit der Gier weniger und enden in der Angst vieler. Die Schäden solcher Finanzkrisen für ganze Volkswirtschaften sind meist gewaltig. Die Gefahr für die Verursacher, erwischt und dann auch noch zur Rechenschaft gezogen zu werden, geht gegen Null.
Seit Jahrhunderten sind in Bankenkrisen nicht nur Geschäftsleute verstrickt, sondern oft auch Politiker und sogar ganze Staaten. Die Globalisierung wirtschaftlichen Handelns, das Internet, die immer weiterwachsenden Börsen und neuerdings Kryptowährungen entfernen unser Geld immer mehr von uns und von denen, die damit zocken. Und es spielen immer mehr mit, die das Spiel und dessen Regeln nicht beherrschen.
Lange vorbei sind die Zeiten von Sparbüchern, Bausparverträgen, Lebensversicherungen und Anlageformen, denen ein echter Wert gegenüberstand. Vorbei sind die Zeiten, wo diejenigen, die uns das an den Bankschaltern verkauften, wussten, was sie tun.
Komplexität und Beschleunigung auf der einen,…
Wie Krisen entstehen, lernen wir in der Schule oder im VWL-Studium. Nur die neuen Finanzkrisen folgen keinen Gesetzmäßigkeiten mehr. Sie sind zu komplex, um sie richtig beschreiben zu können. Was ist passiert?
Erstens: Wir brauchen Wachstum.
Wofür? Die weltweiten Schulden der Firmen, der Privatleute und vor allem der Staaten sind so groß, dass wir Wachstum brauchen, allein um die Zinsen und Zinseszinsen bedienen zu können. Einige Staaten wie z. B. Griechenland sind so überschuldet, dass sie die Verbindlichkeiten in 500 Jahren nicht zurückzahlen können.
Zweitens: Den weltweit gehandelten Papieren an den Wertpapierbörsen stehen zu 90 % keine echten Werte mehr gegenüber, sondern nur virtuelle Brands wie Google, Facebook und andere. Das Rad des Geldverdienens wird immer schneller angestoßen. Es werden neue Produkte entwickelt, deren einziger Zweck es ist, sie schnell zu Geld zu machen. Es wird gewettet und gehedget, was das Zeug hält.
Immer weniger Menschen überschauen diesen Markt bzw. verstehen, was da abläuft. Da reicht ein kleiner Funke und die Krise ist da. Wie Formel-1-Fahrer, die es mit 300 km/h in die Leitplanken donnert, klettern die Fondsmanager raus aus der selbstverschuldeten Krise und stürzen sich ohne einen Kratzer ins nächste Finanzabenteuer. Weltfirmen wie BASF kommen sich auf den neuen Märkten wie kleine, unbedeutende Randfiguren in einem schlechten Spiel vor.
…Haftung und Transparenz auf der anderen Seite
Wie anders ist da die Welt der Pfandleiher. Pfandleiher setzen ihr eigenes Geld ein und haften persönlich für das eingesetzte Kapital. Sie kennen ihre Kundschaft persönlich. Der Pfandleiher gibt ihr ein Darlehen und erhält deren Eigentum als Pfand. Wird das Pfand nicht wieder ausgelöst, muss es der Pfandleiher im Wege der öffentlichen Versteigerung von einem öffentlich bestellten Auktionator versteigern lassen. Das Pfand haftet für das Darlehen, nicht der Pfandkunde.
Sachhaftung nennen die Juristen das.
Wird das Pfand mit Verlust versteigert, geht das zu Lasten des Pfandleihers. Entsteht ein Gewinn, gehört der dem Kunden. Holt der Kunde den Überschuss nicht ab, muss ihn der Pfandleiher nach einer gesetzlich festgelegten Frist an den Fiskus abliefern.
Man kann es drehen und wenden, wie man will: Für das Entstehen von Krisen bleibt da kein Raum. Deshalb funktioniert der Pfandkredit trotz seines zu Unrecht schlechten Rufes seit 3.000 Jahren auf der ganzen Welt und hat alle Krisen, Gesellschaftsformen, Kriege und Revolutionen beinahe unverändert überlebt.
Ein letzter Punkt: Krisen entstehen auch durch mangelnde Kommunikation und Missverständnisse. Die Sprache von Banken, Fonds- und Kryptomanagern versteht kein normaler Mensch mehr. Banker sind selten telefonisch zu erreichen, zu Gesicht bekommt man sie nie.
Der Pfandleiher hingegen betreibt seit jeher ein vis-à-vis-Geschäft. Man redet klar und deutlich miteinander. Alles ist einfach und überschaubar und liegt im wahrsten Sinne des Wortes vor einem. Alles kann man mit Händen greifen.
Krisen hingegen entstehen immer dort, wo man das Geschäft nicht mehr in der Hand hat. Und das ist wörtlich gemeint.
Autor: Jürgen Rackwitz
Was ist eigentlich eine Vorfälligkeitsentschädigung?
19.Oktober 2022Simone hätte bei einem Pfandkredit mehrere Vorteile | Foto: Kristina Paukshtite (Pexels)
Simone freut sich. Gerade hat ihr Arbeitgeber ihr für das gelungene Projekt einen Bonus ausbezahlt, mit dem sie in ein Schwarzwald-Wochenende fahren könnte. Pragmatisch wie sie ist, nutzt sie das Geld aber lieber, um einen Teil ihres Bankkredits vorzeitig zu tilgen. Je schneller sie ihren Kredit zurückzahlt, desto weniger kostet er sie unterm Strich – so zumindest ihr Gedanke.
Ihre Freude wird jedoch getrübt, als sie erfährt, dass ihr ihre Bank für die vorzeitige Tilgung eine stattliche Gebühr berechnet – die so genannte Vorfälligkeitsentschädigung. Simone ist entsetzt und ärgert sich über die vermeintliche Wucherpolitik der Bank.
Was ist da passiert?
Schauen wir uns die Hintergründe an: Wenn eine Bank einen Kredit vergibt, so verlangt sie dafür Zinsen. Die werden über die gesamte Laufzeit festgeschrieben, das heißt wie auch immer sich das Zinsniveau auf dem Geldmarkt ändert: Simone zahlt immer den gleichen Prozentsatz für ihr Darlehen.
Die Bank wiederum refinanziert Kredite über Einlagen oder Anleihen. Dafür zahlt sie auch Zinsen, aber weniger als sie von Simone für ihren Kredit bekommt – diese Differenz ist die Marge der Bank. Idealerweise haben solche Anleihen die gleiche Laufzeit wie der damit finanzierte Kredit. Dies nennt man Fristenkongruenz und auf diese Weise sichert sich die Bank über die gesamte Laufzeit ihre Marge.
Wenn Simone nun ihren Kredit vorzeitig tilgt, erhält die Bank Geld zurück, das ihr keine Zinsen mehr bringt. Ihre Zinsverpflichtungen aus der Refinanzierung laufen allerdings weiter. Die Bank muss dann versuchen das erhaltene Geld anderweitig anzulegen, unter Umständen zu schlechteren Konditionen: Sie erleidet einen so genannten Refinanzierungsschaden. Außerdem entgeht ihr für den Rest der Laufzeit die Marge, es kommt zusätzlich zu einem Margenschaden. Für diese Schäden muss Simone aufkommen.
Man kann es auch anders ausdrücken: Der Bank geht ein erwarteter Gewinn verloren und den holt sie sich von Simone in Form der Vorfälligkeitsentschädigung zurück.
Ein Pfandkredit kann günstiger und flexibler sein
Während bei der Bank die Gewinnerzielungsabsicht im Vordergrund steht, arbeitet das Leihamt gemäß seiner Satzung dafür, möglichst allen Bürgerinnen und Bürgern, die sich in einer finanziellen Notlage befinden, zu helfen.
Natürlich will und muss auch ein Pfandleiher Geld verdienen. Aber: Die Konditionen eines Pfandkredits sind oftmals günstiger als die eines Bankkredits, die Zusage erfolgt wesentlich schneller und auch in punkto Flexibilität hat das Leihamt den Banken einiges voraus.
Hätte Simone einen Pfandkredit, so könnte sie jetzt mit ihrem Bonus ihr Pfand früher als geplant auslösen. Sie würde Zinsen und Gebühren sparen und könnte ihre Wertsachen, die sie hinterlegt hat, viel früher wieder in Empfang nehmen. Nachteile erleidet sie dabei keine. Keine Strafzinsen. Keine Vorfälligkeitsentschädigung. Keine Rede vom Margenschaden. Sie behält die volle Kontrolle über ihre Finanzen.
Fazit: Ohne Vorfälligkeitsentschädigung beim Pfandkredit können Kund:innen nur gewinnen, aber nie verlieren.
Autor: Stephan Kirchner
Die Menschen im Leihamt: Tobias Rackstraw, Experte Vario-Pfand
02.Juli 2021Tobias Rackstraw, Experte für Vario-Pfand beim Leihamt in Mannheim | Foto: Axel Heiter
Ein rostiger Trabi, der zum allradgetriebenen Geländewagen wird. Ein uraltes Fachwerkhaus, das zum ultramodernen Smarthome wird. Ein städtisches Amt, das zum Anbieter eines völlig neuartigen Finanzprodukts wird. Da, wo andere nur Gegensätze sehen, nimmt Tobias Rackstraw etwas völlig anderes wahr: die Chance, durch die Kombination vermeintlich widersprüchlicher Dinge etwas nie zuvor Dagewesenes zu schaffen.
Die Gabe, die Welt aus völlig unterschiedlichen Perspektiven zu sehen, muss Tobias Rackstraw in die Wiege gelegt worden sein. Als Sohn einer deutschen Uhrmacherin und eines englischen Naturwissenschaftlers ist er in Heidelberg geboren. Er besucht als Kind und Jugendlicher sowohl deutsche als auch englische Schulen. Vom Studium der Volkswissenschaften sattelt er auf das Goldschmiedehandwerk um und erlernt nebenbei das Tätowieren. So erschafft er tagsüber kunstfertigen Schmuck aus Gold und bringt abends Kunst unter die Haut.
„Gern auch mal anders“
Genau das, was auf den ersten Blick überhaupt nicht zusammenpasst, übt auf Rackstraw also größten Reiz aus. Wenn genau diese Widersprüche zusammengesetzt werden, dann entsteht etwas unerwartet Neues – etwas, das die Menschen fasziniert. „Gern auch mal anders“ ist der rote Faden, dem Rackstraw unbeirrbar folgt. Da trifft es sich gut, dass er als Schätzer beim Leihamt in Mannheim arbeitet. Denn das einzig kommunale Pfandhaus Deutschlands hat ein Produkt entwickelt, das es so bisher nirgendwo anders gibt. Und dafür ist Rackstraw mitverantwortlich.
Beim sogenannten Vario-Pfand können Kund:innen ihre Wertgegenstände ab 10.000 Euro wahlweise diebstahlsicher verwahren, per Anruf, E-Mail oder Smartphone-App beleihen oder beides auf einmal tun – und das zu äußerst günstigen Konditionen. Diese sorgen dafür, dass das Vario-Pfand eine attraktive Alternative sowohl zum Dispokredit als auch zum Bankschließfach ist.
Kommunales Amt schafft innovatives Produkt
Dieses Angebot stehe den Konditionen eines klassischen Finanzdienstleisters in nichts nach, so Rackstraw und sei darüber hinaus um ein Vielfaches unkomplizierter und schneller im Bearbeitungsprozess. Er nennt ein Beispiel: „Die Kundin hat einen von uns geprüften und taxierten Wertgegenstand eingelagert und braucht aus irgendeinem Grund plötzlich Geld“.
Bei einem klassischen Finanzinstitut müsse sie jetzt Formulare ausfüllen und auf die Bewilligung warten. Beim Leihamt hingegen ruft die Kundin an und nennt die Höhe des benötigten Pfanddarlehens. „Wir überweisen die vereinbarte Summe auf das hinterlegte Bankkonto und schicken den Pfandschein per E-Mail“, erklärt Rackstraw. Das Ganze geht binnen Minuten über die Bühne und passiert kontakt- und bargeldlos.
Dass das 212 Jahre alte Leihamt als kommunale Institution ein solch innovatives Produkt entwickeln konnte, sei etwas, worauf er stolz sei. Und wie bei allen Gegensätzen, die zu einem kreativen Neuen kombiniert werden, fragt man sich: Wieso ist darauf nicht schon längst jemand gekommen?
Autorin: Stefanie Badung