Die Menschen im Leihamt: Dirk Kieck, Schätzer

14. März 2023 AutorStefanie Badung
Porträt von Dirk Kieck, Schätzer im Leihamt Mannheim.

Dirk Kieck, Schätzer im Leihamt Mannheim | Foto: Axel Heiter

Dirk Kieck ist ein Mann, der weiß, was er will. Binnen kürzester Zeit erwarb der gelernte Kfz-Mechaniker vor über 25 Jahren die Kompetenz, als Schätzer für das Leihamt in Mannheim zu arbeiten. Seitdem prüft und taxiert er Wertgegenstände, für die die Kundschaft im Gegenzug einen Pfandkredit erhält.

Was brauchen ein Schätzer oder eine Schätzerin im Leihamt Mannheim? Ein gutes Auge, Fachwissen über die Wertgegenstände, die am Schalter angeboten werden, und ein Händchen im Umgang mit Menschen. Dirk Kieck bringt alle drei Voraussetzungen mit. So bestand er 1999 die Prüfung zum Diamantgutachter in Idar-Oberstein,der Edelsteinmetropole in Rheinland-Pfalz. In mehr als zwei Jahrzehnten im Leihamt Mannheim hat er schon unterschiedlichste Pfänder unter die Lupe genommen und Menschen aus allen erdenklichen Lebensbereichen beraten.

Genau das macht den Reiz für den 56-Jährigen aus. „Am Morgen weiß ich noch nicht, wen ich am Abend bedient haben werde.“ Wenn der eine Kunde mit einem Pfandkredit über 50 Euro für eine gut erhaltene Fossiluhr zur Kasse geht, kann es sein, dass die nächste Kundin eine Rolex-Luxusuhr für 50.000 Euro beleiht.

Doch was genau bringen die Menschen Tag für Tag ins Leihamt? „Uhren, Gold und Schmuck sind jeden Tag dabei“, sagt Kieck. Bisweilen prüft er auch Ölgemälde, Bronzefiguren, Märklin-Eisenbahnen oder Figuren der Porzellanmanufakturen KPM und Meißen. Seit Sommer letzten Jahres beleihen der gebürtige Rheinländer und sein Kollegium sogar Designertaschen und Portemonnaies sowie Gürtelschnallen der Marken Michael Kors, Hermès, Louis Vuitton, Gucci, MCM und Prada.

 

Goldankauf im Leihamt

Ein besonderes Überraschungsei sind die Säckchen oder Döschen mit alten Eheringen, Goldketten, Münzen oder altem Schmuck, den Erbinnen und Erben vorbeibringen. Sie tauchen oft auf, wenn nach dem Tod von Menschen der Haushalt aufgelöst wird. Die Schätze, die dann herauspurzeln, breitet Kieck sorgfältig auf dem Tablett aus, sortiert sie, wiegt sie und begutachtet jedes Stück einzeln.

Durch den derzeit hohen Goldpreis und die mangelnde Erfahrung der Kundschaft mit Schmuck kommen dabei oft erkleckliche Sümmchen heraus. „Eine Kundin hatte auf 150 Euro Erlös gehofft“, erzählt Kieck. Weil jedoch ein vermeintlich unscheinbarer Stein sich als 1,5-Karat-Brillant entpuppte, konnte das Team ihr 1.500 Euro auszahlen. Überglücklich verließ die Frau das Leihamt in D 4.

 

Teilzeit statt Vollzeit

Weil Kieck ein Mann ist, der weiß, was er will, arbeitet er seit über zehn Jahren an drei statt fünf Tagen in der Woche, um sich mehr um seine Tochter und den Haushalt kümmern zu können. In seiner Freizeit streift er gern über Flohmärkte der Region Rhein-Neckar und restauriert Oldtimer und historische Fahrräder. Als Kieck seinerzeit die Bitte um Teilzeit äußerte, gab unser Chef, Jürgen Rackwitz, rasch grünes Licht.

Über viele Jahrzehnte hat sich das Leihamt das Vertrauen der Bevölkerung in Mannheim und Rhein-Neckar erarbeitet. Deshalb werden Kieck und seine Kolleginnen und Kollegen manchmal auch um Zweitmeinungen gebeten, was die Schätzung von Gold und anderen Wertgegenständen betrifft. Der Schätzer ist froh, im kommunalen Leihamt zu arbeiten: „Mein Job ist ein absoluter Glücksgriff. Durch die Gespräche mit der Kundschaft bekomme ich einen Auszug des öffentlichen Lebens eins zu eins mit. Ich genieße eine hohe Arbeitsplatzsicherheit, werde tariflich bezahlt und die Arbeitsatmosphäre ist prima.“

 
Autorin: Stefanie Badung

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