Simone freut sich. Gerade hat ihr Arbeitgeber ihr für das gelungene Projekt einen Bonus ausbezahlt, mit dem sie in ein Schwarzwald-Wochenende fahren könnte. Pragmatisch wie sie ist, nutzt sie das Geld aber lieber, um einen Teil ihres Bankkredits vorzeitig zu tilgen. Je schneller sie ihren Kredit zurückzahlt, desto weniger kostet er sie unterm Strich – so zumindest ihr Gedanke.
Ihre Freude wird jedoch getrübt, als sie erfährt, dass ihr ihre Bank für die vorzeitige Tilgung eine stattliche Gebühr berechnet – die so genannte Vorfälligkeitsentschädigung. Simone ist entsetzt und ärgert sich über die vermeintliche Wucherpolitik der Bank.
Schauen wir uns die Hintergründe an: Wenn eine Bank einen Kredit vergibt, so verlangt sie dafür Zinsen. Die werden über die gesamte Laufzeit festgeschrieben, das heißt wie auch immer sich das Zinsniveau auf dem Geldmarkt ändert: Simone zahlt immer den gleichen Prozentsatz für ihr Darlehen.
Die Bank wiederum refinanziert Kredite über Einlagen oder Anleihen. Dafür zahlt sie auch Zinsen, aber weniger als sie von Simone für ihren Kredit bekommt – diese Differenz ist die Marge der Bank. Idealerweise haben solche Anleihen die gleiche Laufzeit wie der damit finanzierte Kredit. Dies nennt man Fristenkongruenz und auf diese Weise sichert sich die Bank über die gesamte Laufzeit ihre Marge.
Wenn Simone nun ihren Kredit vorzeitig tilgt, erhält die Bank Geld zurück, das ihr keine Zinsen mehr bringt. Ihre Zinsverpflichtungen aus der Refinanzierung laufen allerdings weiter. Die Bank muss dann versuchen das erhaltene Geld anderweitig anzulegen, unter Umständen zu schlechteren Konditionen: Sie erleidet einen so genannten Refinanzierungsschaden. Außerdem entgeht ihr für den Rest der Laufzeit die Marge, es kommt zusätzlich zu einem Margenschaden. Für diese Schäden muss Simone aufkommen.
Man kann es auch anders ausdrücken: Der Bank geht ein erwarteter Gewinn verloren und den holt sie sich von Simone in Form der Vorfälligkeitsentschädigung zurück.
Während bei der Bank die Gewinnerzielungsabsicht im Vordergrund steht, arbeitet das Leihamt gemäß seiner Satzung dafür, möglichst allen Bürgerinnen und Bürgern, die sich in einer finanziellen Notlage befinden, zu helfen.
Natürlich will und muss auch ein Pfandleiher Geld verdienen. Aber: Die Konditionen eines Pfandkredits sind oftmals günstiger als die eines Bankkredits, die Zusage erfolgt wesentlich schneller und auch in punkto Flexibilität hat das Leihamt den Banken einiges voraus.
Hätte Simone einen Pfandkredit, so könnte sie jetzt mit ihrem Bonus ihr Pfand früher als geplant auslösen. Sie würde Zinsen und Gebühren sparen und könnte ihre Wertsachen, die sie hinterlegt hat, viel früher wieder in Empfang nehmen. Nachteile erleidet sie dabei keine. Keine Strafzinsen. Keine Vorfälligkeitsentschädigung. Keine Rede vom Margenschaden. Sie behält die volle Kontrolle über ihre Finanzen.
Fazit: Ohne Vorfälligkeitsentschädigung beim Pfandkredit können Kund:innen nur gewinnen, aber nie verlieren.
Autor: Stephan Kirchner