Immer wenn Menschen das ihnen anvertraute Geld anderer Leute veruntreuen, ist das der Nährboden für Krisen. Der Schaden muss nur groß genug sein oder hinreichend Angst und Panik verbreiten, dann löst er eine Lawine aus.
Bankenkrisen beginnen immer mit der Gier weniger und enden in der Angst vieler. Die Schäden solcher Finanzkrisen für ganze Volkswirtschaften sind meist gewaltig. Die Gefahr für die Verursacher, erwischt und dann auch noch zur Rechenschaft gezogen zu werden, geht gegen Null.
Seit Jahrhunderten sind in Bankenkrisen nicht nur Geschäftsleute verstrickt, sondern oft auch Politiker und sogar ganze Staaten. Die Globalisierung wirtschaftlichen Handelns, das Internet, die immer weiterwachsenden Börsen und neuerdings Kryptowährungen entfernen unser Geld immer mehr von uns und von denen, die damit zocken. Und es spielen immer mehr mit, die das Spiel und dessen Regeln nicht beherrschen.
Lange vorbei sind die Zeiten von Sparbüchern, Bausparverträgen, Lebensversicherungen und Anlageformen, denen ein echter Wert gegenüberstand. Vorbei sind die Zeiten, wo diejenigen, die uns das an den Bankschaltern verkauften, wussten, was sie tun.
Wie Krisen entstehen, lernen wir in der Schule oder im VWL-Studium. Nur die neuen Finanzkrisen folgen keinen Gesetzmäßigkeiten mehr. Sie sind zu komplex, um sie richtig beschreiben zu können. Was ist passiert?
Erstens: Wir brauchen Wachstum.
Wofür? Die weltweiten Schulden der Firmen, der Privatleute und vor allem der Staaten sind so groß, dass wir Wachstum brauchen, allein um die Zinsen und Zinseszinsen bedienen zu können. Einige Staaten wie z. B. Griechenland sind so überschuldet, dass sie die Verbindlichkeiten in 500 Jahren nicht zurückzahlen können.
Zweitens: Den weltweit gehandelten Papieren an den Wertpapierbörsen stehen zu 90 % keine echten Werte mehr gegenüber, sondern nur virtuelle Brands wie Google, Facebook und andere. Das Rad des Geldverdienens wird immer schneller angestoßen. Es werden neue Produkte entwickelt, deren einziger Zweck es ist, sie schnell zu Geld zu machen. Es wird gewettet und gehedget, was das Zeug hält.
Immer weniger Menschen überschauen diesen Markt bzw. verstehen, was da abläuft. Da reicht ein kleiner Funke und die Krise ist da. Wie Formel-1-Fahrer, die es mit 300 km/h in die Leitplanken donnert, klettern die Fondsmanager raus aus der selbstverschuldeten Krise und stürzen sich ohne einen Kratzer ins nächste Finanzabenteuer. Weltfirmen wie BASF kommen sich auf den neuen Märkten wie kleine, unbedeutende Randfiguren in einem schlechten Spiel vor.
Wie anders ist da die Welt der Pfandleiher. Pfandleiher setzen ihr eigenes Geld ein und haften persönlich für das eingesetzte Kapital. Sie kennen ihre Kundschaft persönlich. Der Pfandleiher gibt ihr ein Darlehen und erhält deren Eigentum als Pfand. Wird das Pfand nicht wieder ausgelöst, muss es der Pfandleiher im Wege der öffentlichen Versteigerung von einem öffentlich bestellten Auktionator versteigern lassen. Das Pfand haftet für das Darlehen, nicht der Pfandkunde.
Sachhaftung nennen die Juristen das.
Wird das Pfand mit Verlust versteigert, geht das zu Lasten des Pfandleihers. Entsteht ein Gewinn, gehört der dem Kunden. Holt der Kunde den Überschuss nicht ab, muss ihn der Pfandleiher nach einer gesetzlich festgelegten Frist an den Fiskus abliefern.
Man kann es drehen und wenden, wie man will: Für das Entstehen von Krisen bleibt da kein Raum. Deshalb funktioniert der Pfandkredit trotz seines zu Unrecht schlechten Rufes seit 3.000 Jahren auf der ganzen Welt und hat alle Krisen, Gesellschaftsformen, Kriege und Revolutionen beinahe unverändert überlebt.
Ein letzter Punkt: Krisen entstehen auch durch mangelnde Kommunikation und Missverständnisse. Die Sprache von Banken, Fonds- und Kryptomanagern versteht kein normaler Mensch mehr. Banker sind selten telefonisch zu erreichen, zu Gesicht bekommt man sie nie.
Der Pfandleiher hingegen betreibt seit jeher ein vis-à-vis-Geschäft. Man redet klar und deutlich miteinander. Alles ist einfach und überschaubar und liegt im wahrsten Sinne des Wortes vor einem. Alles kann man mit Händen greifen.
Krisen hingegen entstehen immer dort, wo man das Geschäft nicht mehr in der Hand hat. Und das ist wörtlich gemeint.
Autor: Jürgen Rackwitz