"Was können wir für Sie tun?" | Foto: Axel Heiter
Früher war nicht alles besser, aber manches einfacher. Es gab klare Rollen und Abgrenzungen: Männer und Frauen, Freunde und Fremde, pünktlich und unpünktlich. Heute sind die Grenzen oft fließend – und das wirkt sich auch auf die Sprache und den Umgang miteinander aus.
In persönlichen Gesprächen oder Telefonaten bemerke ich, dass das obligatorische „Guten Tag“ häufiger weggelassen wird. Das Händeschütteln haben wir uns in Deutschland seit Corona fast abgewöhnt. Auch der Blickkontakt kann schwierig sein, wenn Sonnenbrillen, Basecaps oder Schleier das Gesicht verdecken.
Als Pfandleiher arbeiten wir weiterhin im direkten Kontakt mit unseren Kunden – und genau dieser persönliche Austausch ist essenziell. Doch wie spricht man sich an? Bleiben wir beim „Sie“ oder nutzen wir das „Du“, wie es bei vielen Unternehmen, etwa bei IKEA, üblich ist? Unser neuer amerikanischer Kollege duzt jeden – nicht aus Prinzip, sondern weil sein Deutsch noch nicht so gut ist.
Innerhalb unserer Belegschaft haben wir diskutiert, ob wir uns generell duzen sollen. Doch letztlich blieb es dabei, dass jeder es für sich entscheidet. Manche Unternehmen führen das „Du“ per Anordnung ein – für mich persönlich sollte das eine individuelle Entscheidung bleiben. Im Kundenkontakt halte ich das „Sie“ für angemessen, weil es eine professionelle Distanz wahrt und Wertschätzung ausdrückt.
Die Sprache verändert sich ständig, doch Kommunikation sollte nicht komplizierter werden. Gleichzeitig erleben wir, dass manche Begriffe hinterfragt oder aus dem Sprachgebrauch verbannt werden. Auch die zunehmende Nutzung von Abkürzungen, Emojis und digitalen Kommunikationsformen verändert unsere Art zu sprechen und zu schreiben. Doch müssen wir wirklich weniger miteinander reden?
Im Leihamt haben wir beschlossen, keine Termine mehr zu vergeben. Der Grund? 90 Prozent der online vereinbarten Termine wurden entweder nicht eingehalten oder ohne Absage verpasst. Ebenso beantworten wir keine E-Mails ohne Namensnennung. Und Anrufe ohne Rufnummernanzeige? Nehmen wir nicht an – schließlich möchten wir wissen, mit wem wir sprechen.
Unser Ansatz lautet: Zurück zu mehr direkter Kommunikation. Das bedeutet, wir stehen auf, schauen dem Gegenüber in die Augen, begrüßen ihn oder sie freundlich und fragen, was wir „für Sie“ tun können. Zuhören ist im Kundenkontakt genauso wichtig wie das gegenseitige Ausredenlassen – eine Fähigkeit, die leider oft verloren geht. Wer sehen möchte, wie man es nicht macht, kann eine beliebige Talkshow einschalten.
Dabei braucht es keine teuren Coachings oder Analysen, um guten Kundenservice zu leisten. Wer in einem Pfandhaus arbeitet, sollte ein positives Menschenbild haben, respektvoll auftreten und Empathie zeigen. Viele unserer Kunden kommen zu uns, weil sie in einer finanziellen Notlage sind. Manche möchten darüber sprechen, andere nicht. In beiden Fällen sind Aufmerksamkeit und Respekt entscheidend.
Sprache kann helfen, Brücken zu bauen – auch wenn es mal Verständigungsprobleme gibt. Zur Not geht es mit Händen und Füßen, so wie seit tausenden von Jahren. Und was ist mit denjenigen, die grundlegende Höflichkeit nicht einhalten wollen? Nun, wir sind geduldig – bis zu einem gewissen Punkt.
Fazit: Freundlichkeit, Respekt und klare Kommunikation sind zeitlos. Gewöhnen wir sie uns nicht ab.